Die Geschichte der Sorben/Wenden
Die große Völkerwanderung ist wortwörtlich in vollem Gange. Die vom Osten einfallenden Hunnen treiben ganze Völker brutal vor sich her. Im Gebiet der heutigen Lausitz lebende Stämme der Germanen, Wandalen und Burgunder ziehen westwärts und hinterlassen fast menschenleere Landstriche. Im 6. Jahrhundert machen sich auch die Vorfahren der Sorben/Wenden auf den Weg. Aus dem Gebiet nördlich der Karpaten ziehen sie über Schlesien und Böhmen nach Westen. Sie finden eine neue Heimat zwischen Neiße, Saale, Erzgebirgsvorland und Fläming. Hier richtet sich das slawische Volk über die Jahrhunderte ein und wird Teil der europäischen Geschichte. Sie sind gespannt, was noch passiert? Dann erfahren Sie hier mehr.Zeitstrahl
6./7. Jh.
Im Zuge der Völkerwanderung besiedeln slawische Stämme das Gebiet zwischen Ostsee und den Mittelgebirgen, zwischen Elbe und Saale im Westen und Oder-Bober-Queis im Osten.
631
Die Sorben werden als »Surbi« in der Chronik des Fredegar erstmals schriftlich erwähnt.
um 1200
Verbesserungen in der Landwirtschaft gehen mit einer Bevölkerungszunahme und dem inneren Landesausbau in beiden Lausitzen einher. Durch die Einwanderung fränkischer, flämischer, thüringischer und sächsischer Bauern in das Gebiet östlich der Saale wird vor allem im späteren Westsachsen der Assimilierungsprozess der Sorben beschleunigt.
1574
Das erste sorbische Buch wird gedruckt: Albin Mollers »Wendisches Gesangbuch« in niedersorbischer Sprache, das auch Luthers »Kleinen Katechismus« enthält.
1667
Der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm ordnet die sofortige Vernichtung jeglichen sorbischen Schrifttums sowie die Abschaffung der sorbischsprachigen Gottesdienste an.
1678
Jurij Hawštyn Swětlik übersetzt bis 1707 das Alte und das Neue Testament für die katholischen Sorben. Die Handschrift in fünf Bänden bleibt ungedruckt.
1835
Der Sächsische Landtag verankert in einem neuen Schulgesetz die Anwendung der sorbischen Sprache in einigen Schulfächern.
1842
Die sorbische Presse beginnt periodisch zu erscheinen. Handrij Zejler, der Dichter der sorbischen Wiedergeburt (1. Hälfte des 19. Jhs.), gründet die »Tydźenska Nowina«, Vorläuferin der bis heute erscheinenden Tageszeitung »Serbske Nowiny«.
1854
Die erste Auswanderungswelle der Sorben nach Texas und Australien erreicht ihren Höhepunkt.
19. Jhd.
Die Industrialisierung der Lausitz bringt einen spürbaren Wirtschaftsaufschwung und eine erhebliche Zuwanderung mit sich. Sowohl in Preußen wie in Sachsen setzt nach der Reichsgründung ein schärferer antisorbischer Kurs ein.
1904
Das Wendische Haus, erbaut größtenteils aus Spenden des sorbischen Volkes, wird in Bautzen eingeweiht. Es wird zum Symbol des Lebenswillens und zum Mittelpunkt des kulturellen Lebens der Sorben.
1912
Sorbische Vereine gründen in Hoyerswerda einen Dachverband mit Namen Domowina (»Heimat«).
um 1935
Sorbische Vereine widersetzen sich den nazistischen Gleichschaltungsversuchen; es folgen Verhaftungen, Repressalien, Verbote. Der Domowina sowie weiteren sorbischen Organisationen wird ein Tätigkeitsverbot auferlegt. Alle sprachlichen und kulturellen Aktivitäten gelten als staatsfeindlich.
1945
Am 10. Mai wird in Crostwitz die Domowina erneuert und von der Besatzungsmacht als demokratische Organisation anerkannt.
1948
Der Sächsische Landtag beschließt das »Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung«. Das Land Brandenburg übernimmt 1950 dieses Gesetz durch Verordnung. Auf der Grundlage der Verfassung der DDR werden später mehrere Durchführungsbestimmungen erlassen.
um 1950
Unter Einsatz erheblicher staatlicher Mittel werden zahlreiche Institutionen gegründet, die eine breite Entwicklung der sorbischen Kultur und Wissenschaft ermöglichen und zugleich als Identifikationszentren der slawischen Minderheit wirken (Theater, Volkskunstensemble, Forschungs- und Universitätsinstitut, Lehrerbildungsanstalt und Verlag). Gleichzeitig werden die Einrichtungen zunehmend dazu benutzt, das Machtmonopol der SED bei den Sorben durchzusetzen.
1991
Errichtet wird gemeinsam vom Bund, vom Freistaat Sachsen und vom Land Brandenburg die »Stiftung für das sorbische Volk«, die der Pflege und Entwicklung der sorbischen Sprache, Kultur und Wissenschaft dient. Sie wird in den Geschäftsbereich der Sächsischen Staatskanzlei eingebunden.
1999
Mit Inkrafttreten des Staatsvertrags am 1. Januar erhält die Stiftung für das sorbische Volk ihre rechtliche Selbstständigkeit. Der Sächsische Landtag verabschiedet am 20. Januar das »Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen«.
2011
In Dresden wird der sorbische Kaplan und Märtyrer Alois Andritzki seliggesprochen.
2016
Das Dritte Abkommen über die gemeinsame Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk wird von der Bundesrepublik Deutschland sowie dem Land Brandenburg und dem Freistaat Sachsen unterzeichnet (Laufzeit bis 2020).
Veränderung der Siedlungsgebiete
Das Gebiet, in dem ein Großteil der minderheiten- und sprachpolitischen Regelungen zum Schutz und zur Förderung der Sorben/Wenden Anwendung findet, bezeichnet man als sogenanntes angestammtes Siedlungsgebiet. Zu diesem gehören die kreisfreie Stadt Cottbus/Chóśebuz sowie Gemeinden der Landkreise Dahme-Spreewald/Dubja-Błota, Oberspreewald-Lausitz/Górne Błota-Łužyca und Spree-Neiße/Sprjewja-Nysa. Bis heute sind in diesen Gebieten sprachliche und kulturelle Traditionen der Sorben/Wenden nachweisbar.
6./7. Jh.
Im Zuge der Völkerwanderung besiedeln slawische Stämme das Gebiet zwischen Ostsee und den Mittelgebirgen, zwischen Elbe und Saale im Westen und Oder-Bober-Queis im Osten.
631
Die Sorben werden als »Surbi« in der Chronik des Fredegar erstmals schriftlich erwähnt.
1018
Im Frieden zu Bautzen zwischen Polenherzog Bolesław Chrobry und dem deutschen Kaiser Heinrich II. werden die Territorien der Lusizer und Milzener dem polnischen Herrscher als Lehen zugesprochen (bis 1031).
um 1327
Die Anwendung der sorbischen Sprache vor Gericht wird um Altenburg, Zwickau und Leipzig verboten. Das geschlossene sorbische Siedlungsgebiet schrumpft ostwärts weiter.
um 1650
Durch die verheerenden Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges sowie durch Pest und andere Epidemien verkleinert sich das sorbische Sprachgebiet weiter, nahezu die Hälfte der sorbischen Bevölkerung stirbt aus.
1815
Der Wiener Kongress beschließt die territoriale Neugliederung des sorbischen Siedlungsgebiets; die Niederlausitz und die nordöstliche Oberlausitz fallen Preußen zu. Diese Teilung drängt die sorbische Bevölkerung in fast allen Kreisen in die Minderheit. In den Folgejahren kommt es durch Verordnungen und durch die Tätigkeit von deutschen Geistlichen und Lehrern in sorbischen Gebieten zum weiteren Rückzug der sorbischen Sprache aus der Öffentlichkeit.
Ende des 19. Jhs.
Die Industrialisierung der Lausitz bringt einen spürbaren Wirtschaftsaufschwung und eine erhebliche Zuwanderung mit sich. Sowohl in Preußen wie in Sachsen setzt nach der Reichsgründung ein schärferer antisorbischer Kurs ein.
1999
Mit Inkrafttreten des Staatsvertrags am 1. Januar erhält die Stiftung für das sorbische Volk ihre rechtliche Selbstständigkeit. Der Sächsische Landtag verabschiedet am 20. Januar das »Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen«.
2004
Das Land Brandenburg richtet den ersten Wettbewerb »Sprachenfreundliche Kommune – serbska rěc jo žywa« aus, dem sich der Freistaat Sachsen 2005 anschließt.
2014
Der Brandenburgische Landtag novelliert das »Gesetz über die Ausgestaltung der Rechte der Sorben/Wenden im Land Brandenburg«. Das sorbische Siedlungsgebiet erfährt – wie auch in Sachsen – eine namentliche Festlegung und Erweiterung.