In unserer Familie gehört das einfach dazu.

Silva Oehlert ist Witaj-Kind der ersten Stunde in Jänschwalde. Das Witaj-Projekt fördert zweisprachiges Lernen in KITA und Schulen der Lausitz. Witaj sorgt für die Verbreitung der sorbischen Sprache. Die Kinder und Jugendlichen lernen von klein auf Sorbisch. Silva Oehlert gehört zum ersten Absolventen, die das bilinguale Bildungsprogramm vom Anfang bis zum Abitur durchlaufen haben. Nun studiert die 24-Jährige im sechsten Semester Tourismuswirtschaft an der IU Internationalen Hochschule GmbH. Sie engagiert sich für die Pflege und Erhaltung der sorbischen Tradition und steckt mit ihrem Enthusiasmus Viele an.

Silva Oehlert

Was ist für Sie Heimat?

Heimat ist für mich ein Gefühl. Das Gefühl, zu Hause zu sein. Ich wohne auf dem Hof in Jänschwalde, auf dem schon mein Uropa Schmied war. Hier lebt unsere Familie. Ich fühle mich meiner Heimat sehr verbunden, wenn ich mit dem Fahrrad durch die Laßzinswiesen zwischen Jänschwalde und Peitz fahre, wenn ich Wind und Sonne dabei spüre. Dann weiß ich, dass ich angekommen bin – im übertragenen Sinne.

Sie sind sorbisch, weil…?

Ich bin Sorbin, weil es mich glücklich macht, wenn ich sorbisch höre und spreche. Ich bin stolz und froh, wenn ich gemeinsam mit anderen die sorbischen Bräuche pflege. Und ich bin sorbisch, weil meine Familie sorbisch ist. Die Bräuche wurden über all die Jahre gepflegt. Meine Mama meldete mich als kleines Kind beim Witaj-Projekt an. Von meiner Oma habe ich alles über die Tracht erfahren. Außerdem bin ich ja auch nach dem Gesetz Sorbin. Im Sorbengesetz heißt es, dass jeder zum sorbischen Volk gehört, der sich zu ihm bekennt. Und das tue ich aus vollem Herzen.

Welchen Einfluss hat das Sorbische auf Ihr Leben?

Das Sorbische hat nicht nur Einfluss auf mein Leben, sondern ich lebe sorbisch. Ich bin Sorbin. Das bedeutet für mich, dass ich mich auch für unsere Kultur und unsere Sprache stark mache. Ich bin in einem Haus aufgewachsen, in dem jeder Jugendchef der Ortsgruppe der Domowina war – meine Oma, meine Mutter, meine beiden Onkel. Na und ich eben auch über sechs Jahre. Die Jugendgruppe pflegt aktiv sorbische Traditionen im Dorf: Fastnacht, Osterfeuer, Maibaumstellen, Erntefest. Eine Besonderheit in Jänschwalde ist das Bescherkind. Diesen Brauch des „Janšojski bog“ gib es in der Niederlausitz nur noch bei uns. Die Zeit als Jugendchefin hat mich sehr geprägt. Ich habe viel gelernt und ich hoffe, dass ich viel und viele bewegt habe. Inzwischen liegt die Leitung der Jugendgruppe in jüngeren Händen. Aktuell bringe ich mich unter anderem als Vorstandsmitglied in der Ortsgruppe der Domowina in das sorbische Leben ein.

Wie ist das Verhältnis der jungen Generation zum Sorbentum?

Also ich beobachte ein wachsendes Interesse an unserer Sprache und unseren Bräuchen. Viele sind auch fasziniert von der sorbischen Tracht und den damit verbundenen Handarbeiten. Früher waren die gang und gäbe. Meine Oma hat immer alles in mühevoller Handarbeit angefertigt. Jedes Stück wird bestickt – Halstücher, Rockbänder, Schürzen. Wir tauschen uns aus, schauen bei den anderen Mädchen. Interessieren uns für deren Muster und Blumen auf den Textilien. Immer mehr Menschen besinnen sich wieder auf ihr Sorbentum. Man ist stolz darauf, etwas Besonderes zu sein. Bekennt sich durch das Tragen der Tracht dazu.

Wie reagiert Ihr Umfeld auf das Sorbentum?

Mein privates Umfeld ist ja von Sorben geprägt. Unsere Bräuche sind hier in der Gegend allgegenwärtig und ziehen sich durch alle Generationen. Es ist eher ein Gefühl, das sich in den Herzen der Menschen breit macht. Ein Gefühl, was immer wieder neu auflebt, wenn man im Kontakt mit den Sorbischen kommt. Eine Art Liebe, die immer wieder neu entfacht.

Und was sagen Leute von außerhalb?

In meinem Praxishotel in Cottbus fragen Gäste oft nach der Bedeutung der zweisprachigen Orts- und Straßenschilder. Denen erzähle ich dann von uns Sorben, gebe Veranstaltungstipps oder empfehle ihnen einen Besuch des Wendischen Museums. Die Resonanz ist immer positiv.

In welcher Sprache träumen Sie?

Ich träume in Deutsch. Meine Denksprache variiert. Befinde ich mich in einem sehr tiefen sorbischen Umfeld, denke ich sorbisch.

Was ist für Sie das berührende Stück sorbischer Kultur?

Unsere Sorbische Hymne „Rědna Łužyca“. Wenn wir dieses wunderschöne Lied singen, bin ich immer sehr ergriffen. Überhaupt liebe ich die sorbische Singtradition mit den hinreißenden Melodien und den dazugehörigen Tänzen. Natürlich sind auch meine Trachten für mich ganz wichtige Stücke unserer Familienkultur. Ich habe sogar noch die Tracht meiner Uroma.

Wann sind Sie glücklich?

Das mag vielleicht ungewöhnlich klingen, aber ich bin glücklich, wenn ich meine Tracht trage.

Marga Morgenstern

Sie ist eine Legende im Spreewald. 1935 geboren, wächst Marga Morgenstern in einer deutsch-wendischen Familie auf. Die „wendsche“ Großmutter vermittelt ihr trotz des Verbotes der sorbischen Kultur und Sprache in der Nazizeit alles, was das Mädchen über Bräuche, Lieder und Trachten wissen muss. Nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren lebt die Familie ein ganz normales Leben, bis Marga Morgenstern anfängt, Gäste in Tracht durch den Spreewald zu führen, Bücher zu schreiben und Gedichte zu verfassen.

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Emily Barthold

Die alte sorbische Sagen- und Fabelwelt neuauflegen? Mit ihrem Künstlernamen Siggiko bereichert, die aus der USA stammende, Emily Barthold die sorbische Kultur mit ihren künstlerischen Werken – in Form von Comics. Sie gestaltet neue Interpretationen des Altbekannten aus der sorbischen Kultur und kombiniert sie verschiedene Stilelemente aus modernen Mangas mit viel Kreativität und Leidenschaft.

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Antje Krischock

Obwohl Antje Krischock keinen sorbischen Hintergrund hat, ist ihr Leben sehr von den niedersorbischen Bräuchen geprägt. Die gebürtige Thüringerin leitete das Leben nach Lübben, wo sie mit ihrem Lebenspartner Feriengäste beherbergen und Kahnfahrten für jedermann anbieten, die eine Prise der sorbischen Kultur erleben wollen.

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Maximilian Hassatzky

Maximilian Hassatzky setzt sich ein: Für den Strukturwandel in der Lausitz, für den Naturschutz in seiner Heimat, für die Revitalisierung der niedersorbischen Sprache, für seine Mitmenschen. Der 24-Jährige ist kein Freund des Stillstandes. Er ist Motor und Beispiel für viele Altersgenossen.

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Silva Oehlert

Silva Oehlert wohnt auf dem angestammten Hof der Familie in Jänschwalde im Landkreis Spree-Neiße. Geprägt von Braunkohle und Kraftwerk ist die zweisprachige Gemeinde auch ein traditionelles Zentrum der niedersorbischen Kultur. Silva Oehlert hat großen Anteil an der Pflege der sorbischen Traditionen in ihrem Heimatort.

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Sarah Gwiszcz

In ihrem geliebten Spreewald gründete Sarah Gwiszcz 2014 ihr eigenes Modelabel „Wurlawy“, was so viel wie „wilde Spreewaldfrauen“ bedeutet.

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Štefi und Štefan Hanuš

Steffi und Stefan Hanusch stammen aus der Oberlausitz. Inzwischen wohnen die Textildesignerin und der Grafiker in Berlin. Die beiden Sorben sind ihrer Heimat privat und mit ihrer Arbeit eng verbunden.

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Gabriela Maria Schmeide

Gabriela Maria Schmeide, geboren in Bautzen, ist eine deutsch-sorbische Schauspielerin und lebt mit ihrer Familie in Bremen.

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Andreas Nowak

Andreas wurde in Bautzen geboren und ist der Schlagzeuger von Silbermond, eine der erfolgreichsten deutschen Rock-Pop-Bands dieser Tage.

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